Sonntag, 2. August 2015

Lammas und Korngeister

Gestern war Lammas, oder auch Lughnasad. Und somit beginnen wir das erste der drei Erntedankfeste. Es ist warm draußen und seit einer gefühlten Ewigkeit mähen die Bauern um uns herum ihre Felder wieder zur richtigen Zeit. Für mich ist die richtige Zeit immer der heiße, warme August.

Mir kam es bisher immer so vor, als könnte ich mit manchen der alten Tage mehr anfangen und mit manchen weniger. Das ist glaube ich ganz normal. Lammas gehörte irgendwie immer zu den Tagen, mit denen ich mich nicht richtig verbinden konnte. Und dieses Jahr ist mir eins klar geworden: so wie ich Yul und die Rauhnächte körperlich spüren kann, so kann ich das auch mit Lammas. Und dieses jahrelange Umherschwänzeln um diesen Tag, den ich nicht richtig fassen konnte, liegt daran, dass ich dieses Zeitraum nicht an einem Datum festmachen kann. Lammas ist und war fast schon immer eines der wichtigsten Feste für mich, bzw. eines der mir bewusstesten Zeiträume im Jahr.

Lammas beginnt für mich mit dem rot werden der Vogelbeeren, mit dem Nachlassen der grünen Farbe der Bäume und des Grases, mit trockener, nach Stroh und Getreide riechender Luft, mit dem Rascheln des Korns, Stoppelfeldern und den letzten Erdbeeren und Johannisbeeren. Und das ist jedes Jahr zu einer etwas anderen Zeit. So langsam begreife ich wirklich, dass die meisten der alten Tage keine festen Daten haben, sondern als Zeiträume wahrgenommen werden. So wie es schon immer war. So wie es für mich schon immer war, ich es aber nie wirklich begriffen habe. Und ich klammerte mich irgendwie an den 1. August und fragte ich dann, was es ist, was mir fehlt.


Dabei fehlt mir nichts. Es ist alles da. Ich spüre den warmen Wind auf der Haut, höre das Flüstern der Fruchtbarkeit im Kornfeld, rieche mein Stroh, erlebe die Fülle des Augenblicks und bin dankbar, dankbar, dankbar. Dankbar für solche Momente, die mir zeigen, was mir wichtig ist. Momente in denen ich in Bruchteilen von Sekunden wieder in meiner Kindheit bin, meinem Großvater und später meinem Vater in einem Korb Wasser und etwas zu essen auf das Feld bringe, dass gerade abgemäht wird. Trockene und staubige Luft, ganz leicht fahl werdendes Grün, Familienzusammenhalt und spielen im Kornwagen... Oh ihr guten Götter, ich kann das Korn riechen, wenn ich darüber schreibe.

All dieses kam gestern in mir hoch. Und Auslöser war etwas, was  ich als Kind oft gesehen habe, aber jetzt fast 25 Jahre nicht mehr: einen Korngeist. Eine kleine Windhose von ca. 15 bis 20 Metern Höhe, die auf einem Feld oder Feldweg als wirbelnder Wind anfängt, Staub aufnimmt und dann größer wird, den Staub mit sich trägt und aussieht wie ein kleiner Tornado. Das Schauspiel dauert vielleicht eine Minute, dann ist der Geist wieder verschwunden und hat sich aufgelöst. Zurück bleibt nur trockener Staub und Verzückung in mir...

Natürlich konnte ich kein Foto machen, die Kamera lag auf dem Rücksitz. Aber ich konnte den Korngeist meinem Mann und meinem Kobold zeigen, was mich wahnsinnig glücklich macht. Mein Mann hatte so etwas noch nie gesehen.

Und so versöhnt mich trockener warmer, auf der Haut klebender Staub mit Lughnasad. Schöner geht es kaum.

♥ 


Korngeist ist übrigens mein persönlicher Name für dieses kleine Windphänomen. Nicht offizielles. Und nicht der alte Korndämon, der Kinder vom betreten des Feldes abhalten sollte. Doch wenn ich es mir recht überlege...

2 Kommentare:

  1. Wow.. wie wunderschön.
    Zauberhaft wie Du das in Worte fassen kannst.
    Genau das ist es, diese Zeit gerade, die Fülle.
    Und ich kannte das auch nicht, einen Korngeist, aebr sehe ihn nun regelrecht vor mir dank Deienr wunderbaren worte.
    Ich schwelge immer noch dain...
    GLG, MamaMia

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    1. Liebe MamaMia, vielen Dank ♥. Es ist manchmal so einfach, die Zeichen der Zeit zu lesen, manchmal sogar zu einfach, wie ich selber feststellen musste. Da lebe ich genau das Gefühl aus, welches ich suchte für den Tag und habe es nicht bemerkt. Schon kurios wie man sich selber im Weg stehen kann.
      Und wenn Du mal so eine Windgeist sehen willst, dann empfehle ich Dir an einem windigen Tag irgendwo hinzu gehen wo gemäht wird. Oder dort hin wo es sehr staubig ist... im Herbst passiert das auch manchmal mit Laub, das ist auch traumhaft schön ♥♥♥ Liebste Grüße, Miri

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