Donnerstag, 9. Januar 2014

Winterregen

Was für ein Wetter da draußen! Der Wind jault und heult ums Haus und der Regen prasselt trotzig gegen die Fenster. Der kleine Kobold wird immer wieder wach, weil es so laut ist im Schlafzimmer, da das Fenster zur Wetterseite zeigt. Aber da fällt mir ein...

... es ist Januar. Kalter, nasser Wind schlägt mir ins Gesicht während ich mich durch das Wetter kämpfe. Ich ziehe meinen warmen Schal enger um meinen Hals. Gerne würde ich den Regen gegen Schnee tauschen, aber soweit ist es anscheinend noch nicht. Unaufhaltsam nährt der Himmel die Pfützen die meinen Weg säumen und in ihnen spiegelt sich die graue Weite, eine Welt ohne Konturen. Winterregen ist anders als der zart schmeichelnde Sommerregen, der Leben gibt und im Juni zwischen meinen Zehen die Grashalme kitzelt. Sommerregen der grün riecht. Winterregen ist ungezähmt, peitschend, manchmal brutal. Unermüdlich und dunkel. Und er beißt.

Ich gehe weiter und der Regen rinnt in schmalen Strömen meinen Hals hinunter. Mich schaudert es, während ein kleines Rinnsal über meine Brust läuft und ... versiegt. Ein weiterer Strom sucht sich seinen Weg über meine Schlüsselbeine und versiegt erneut. Mehr und mehr Wasser nimmt mein Körper auf, die Rinnsale beginnen in eisigen Farben dunkel zu glimmen und ich bestehe mehr und mehr aus Winterregen, flüssigem Wind und feuchter Luft. Mein Schal beginnt mich zu stören und ich werfe ihn weg. Ich friere nicht mehr, war mir je kalt? Ich kann mich nicht erinnern. Ich stehe im Regen und lasse mich durchtränken, ich bin der Regen, der Winterregen. Nass, kalt, wild, frei, stark und schön. Ungezähmt und dunkel. Wundervoll. Kleine Tropfen lösen sich mit jeden Bewegung von meinem Körper, halten einen Moment in blaudunklem Glühen inne und fallen zu Boden. Meine Haare sind ein einziger Strom kalten Wassers, gurgelnd und wallend und sie schmiegen sich um mich in ihrer kalten, nassen Umarmung. Auch aus ihnen fließt Wasser zu Boden und sammelt sich um meine Füße, bis ich in einem wasserwolkenen kleinen See stehe. Ich bestehe nur noch aus einem einzigen Wort - nass. Ich recke meinen Kopf gen Himmel und küsse meinen Winterregen.

Ein einzelner Tropfen löst sich in Zeitlupe von meinen Lippen und versinkt in dem kleinen See.

Plötzlich habe ich keinen festen Boden mehr unter meinen Füßen, ich fließe durch die seegleiche Pfütze, hinab, hinunter, hinein, immer weiter, ohne Boden...

Ich sitze im Wohnzimmer und nippe an meiner Tasse Tee. Draußen trommelt noch immer der Winterregen an die Fenster. Er scheint ziemlich wütend zu sein, dass ich die Fenster geschlossen habe und ihn draußen lasse.

Für heute. 



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